Ostdeutschland im Herbst
Nach langem Überlegen habe ich nun doch beschlossen ein paar Worte zu den Landtagswahlen 2024 zu verlieren. Ausgenommen habe ich hier die Landtagswahl in Brandenburg, weil diese meiner Ansicht nach zu viele individuelle Faktoren hat. Ich muss zugeben, dass ich natürlich noch zu großen Teilen an meiner Heimat Thüringen hänge. Trotzdem muss ich noch anmerken: Durch meinen Umzug nach Hamburg lässt es sich aus meiner Perspektive heraus jetzt leichter darüber urteilen. Falls ihr also andere Ansichten oder Meinungen haben solltet, schreibt mir gern.
Die Ausgangslage
Am 01. September 2024 sind Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen. Sowohl die SPD als auch die Grünen müssen um ihren Einzug in die Landtage bangen. Die FDP hingegen hat vermutlich keine realistische Chance mehr auf einen Einzug. Stärkste Kraft wird voraussichtlich die AfD. Sie könnte sogar so viele Sitze erhalten, dass sie eine Sperrminorität ausmachen könnte. Eine Sperrminorität entsteht, wenn eine Partei mehr als Eindrittel der Sitze im Parlament hat. Interessant wird das, wenn es eine Abstimmung im Landtag gibt, für die eine Zweidrittelmehrheit benötigt wird. Das betrifft besonders Verfassungsänderungen oder die Ernennung der Verfassungsrichter. Für diese Abstimmungen braucht es also Stimmen dieser Partei, in diesem Fall der AfD. Das gibt der parlamentarischen Minderheit sehr viel Macht. Und viel Macht für die AfD heißt wenig macht den demokratischen Parteien.
Durch "taktisches" wählen die Demokratie retten?
Das zu verhindern scheint ein edles Ziel zu sein, weshalb sich auch schnell eine überparteiliche Initiative dafür gebildet hat. Sie nennt sich Taktisch-wählen.de. Als ich das zum ersten Mal gehört habe, stellten sich mir die Nackenhaare auf. In einer repräsentativen Demokratie wählt man die Partei, mit deren Überzeugungen man am meisten übereinstimmt. Zumindest ist das der Idealfall. Unter "taktisch" wählen versteht man, dass stattdessen eine Partei gewählt wird, mit der man weniger Überzeugungen teilt, welche dafür aber bessere Erfolgsaussichten hat. In Deutschland ist das zum Beispiel durch die Fünf-Prozent-Hürde häufig der Fall. Leute wählen lieber Parteien, die nicht voraussichtlich an dieser Hürde scheitern, damit ihre Stimme im Parlament vertreten ist. Und seit jeher bin ich davon überzeugt, dass "taktisches" wählen der Demokratie mehr schadet, als es dem einzelnen nützt. Wie viel Wert hat eine Stimme denn überhaupt, wenn man einer Partei ins Parlament hilft, deren Überzeugungen man nicht mehrheitlich teilt?
Diese Initiative funktioniert allerdings etwas anders. Sie ruft dazu auf die etablierten Parteien zu unterstützen, weil diese an der Fünf-Prozent-Hürde scheitern könnten. Durch das Wiedereinziehen dieser Parteien könnte besagte Sperrminorität durch die AfD verhindert werden. Man soll also gegen die AfD wählen. Auch wenn mir hier immer noch die Einsicht fehlt, dass das Problem die Fünf-Prozent-Hürde ist, finde ich die Initiative in der aktuellen Situation unterstützenswert. Daraus leitet sich auch meine Empfehlung ab.
Meine Empfehlung & Zukunftsaussicht
Ich empfehle zu den Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen mit der Zweitstimme die Grünen zu wählen. Ja, ich weiß, auch ich gehe bei einigen inhaltlichen Punkten nicht mit. Allerdings ist ihr Einzug weniger wahrscheinlich, als der der SPD. Damit könnte man die Macht der AfD zusätzlich schwächen. Nichtsdestoweniger hoffe ich auf eine Expertenregierung der demokratischen Parteien, besonders in Thüringen und keine Minderheitsregierung oder Ähnliches. Beide Länder brauchen jetzt einen stabilen Regierungskurs und ein Gefühl von Sicherheit. Und ich bin davon überzeugt, dass demokratische Parteien im Osten wieder mehr Zuspruch bekommen, wenn sie parteiübergreifend lösungsorientiert arbeiten.
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